Der Ulitarismus, also die Ausrichtung von Entscheidungen nach Gesichtspunkten der „Nützlichkeit“, ist eine Denkweise, die mir wohl einfach natürlich nahe liegt. Der Philosoph Peter Singer trifft da mit seinem Buch „The Life You Can Save“ bei mir genau ins Schwarze. Das bekannte Gedankenexperiment dabei:
Stell dir vor, Du könntest einen Menschen vor dem Ertrinken retten, würdest dabei aber deine schönen Schuhe und Klamotten ruinieren. Das wäre für die meisten ein klarer Fall, dass man das tun sollte/müsste/würde.
Nun gibt es insbesondere in Entwicklungsländern Menschen, denen man zu einem vergleichbaren „Preis“ ebenfalls das Leben retten oder wenigstens deutlich verbessern könnte, in dem man an effektive Organisationen spendet. Die meisten von uns in den „reichen“ Ländern dieser Erde haben die Mittel, einen gewissen Betrag an solche effektiven Organisationen spenden zu können, ohne größere Einbuße der eigenen Lebensqualität hinnehmen zu müssen. Also sollte man doch spenden oder?
Schwieriger ist die Frage, welcher Betrag denn sinnvoll wäre. Theoretisch wird man (fast) immer jemanden finden, der ärmer ist als mein selbst oder die Mittel dringender braucht, so dass man solche Gedankenexperimente auch bis zur kompletten Selbstaufgabe treiben kann. Womit wohl niemandem dauerhaft geholfen wäre, denn nachhaltig wäre das eher nicht. Irgendwo zwischen „ganz“ und „gar nicht“ den richtigen Anteil zu finden ist eine sehr individuelle Entscheidung, aber es gibt gewisse Konventionen, die als Anker dienen können. Da ist der Zehnt, der schon Jahrtausende Tradition hat. Oder in der Neuzeit, und deutlich relevanter hier: Giving What We Can, deren Standard-pledge ebenfalls bei 10 % des Einkommens liegt.
Nun könnte man natürlich einwenden, dass viele von uns schon einiges an Steuern und Sozialabgaben abdrücken, reicht da etwa nicht? Leider ist es nun nicht so, dass dieses Geld immer maximal effektiv und effizient eingesetzt wird, insbesondere nicht bei den ärmsten Menschen der Welt oder zum Schutz zukünftiger Generationen von Menschen und Tieren. Der deutsche Sozialstaat tut sicherlich auch vieles Gutes, aber für Entwicklungshilfe gibt Deutschland etwa nur 0,7 % des BIP aus, und das auch zu weiten Teilen nicht in den effektivsten Initiativen – oft geht es ja auch darum, wieder Aufträge für deutsche Firmen zu generieren etc. Und im Bereich Tier- und Umweltschutz werden sowohl sinnvolle Initiativen wie kontraproduktive Subventionen etc. finanziert. Also ist es meiner Sicht gut, wenn man noch eigene Schwerpunkte setzen kann.
Wie gesagt, es ist eine sehr individuelle Entscheidung, was man geben kann und möchte. Nicht jeder hat das Glück, in einem Bereich Arbeit zu finden, in dem man ein gutes Gehalt verdient, und gleichzeitig keine teuren Hobbies, Laster, familiäre Verpflichtungen oder gesundheitliche Probleme zu haben, die die finanzielle Freiheit einschränken. Ich gehöre allerdings zu dieser privilegierten Gruppe, und gegen mein latentes schlechtes Gewissen deswegen hilft es tatsächlich, wenn ich mich verpflichte, mindestens 10 % meines Einkommens zu spenden. Das habe ich im August 2021 getan, nun bin ich Nummer 6255 auf der Liste der Mitglieder des Giving What We Can Pledge. Ich meine es ernst und hoffe, dass ich den Rest meines Lebens in der Lage sein werde, diese Selbstverpflichtung auch einzuhalten.
„I recognise that I can use part of my income to do a significant amount of good. Since I can live well enough on a smaller income, I pledge that from now I shall give 10% of my income to whichever organisations can most effectively use it to improve the lives of others, now and in the years to come. I make this pledge freely, openly, and sincerely.“
Konkret, was macht man denn nun mit dem Geld? Grundsätzlich sind Organisationen sehr unterschiedlich effektiv im Erreichen ihrer Ziele – und dann gibt es natürlich auch komplett unterschiedliche Ziele, die zu gewichten unheimlich schwierig sein kann. Ähnlich wie beim „passiven Investieren“, bei denen mein einfach ETFs kauft und chillt, kann man einfach von Organisationen wie Givewell oder Animal Charity Evaluators prämierte Initiativen unterstützen.
Stand Januar 2022 spende ich etwa die Hälfte der 10 % an den „Fonds für maximale Wirkung – Enticklungszusammenarbeit“ über effektiv-spenden.org, und den Rest an die Albert Schweitzer Stiftung und ProVeg, also ungefähr zur Hälfte für Menschen und zur Hälfte für Tiere. Aber ich behalte mir durchaus das Recht vor, dass komplett zu ändern, wenn sich meine Prioritäten ändern.